Doping im Reitsport

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Ethik im Pferdesport ist im Zusammenhang mit der zunehmenden Dopingproblematik und steigender Anzahl Fälle von Überbelastung und Gesundheitsbeeinträchtigung von Pferden ein wichtiges Thema. Aktuell hierzu ein offener Brief von offiziellen Tierärzten am internationalen Distanzreitturnier in Compiègne (F) über ihre erschreckenden Erlebnisse während dieses Wettkampfes.

Distanzreiten – Nach zahlreichen Vorfällen am Internationalen Distanzreitturnier CEI in Compiègne (F) wenden sich die offiziellen Tierärzte mit einem offen Brief an die Reiterwelt und die FEI.

Endurance (Distanzreiten): Tierärzte ziehen die Alarmglocke
Übersetzung: med vet.Julie Schwechler

In einem offenen Brief, veröffentlicht am 11. Juni 2014 auf dem Pferdesport-Portal cavadeos.com, warnten fünf Tierärzte, darunter Jean-Louis Leclerc (ehemaliger National-Trainer des französischen Endurance-Teams), über Missbrauch in besagter Disziplin.

Die fünf Tierärzte waren als Funktionäre anlässlich des Internationalen Distanzreitwettbewerbes CEI in Compiègne (F) als Garanten für gesunde Pferde tätig. Unter anderem wurde in diesem Spitzen-Wettkampf eine Strecke im Schleifen-Kurs von 160 Kilometern von den Reitern und Pferden absolviert. Müde und erschöpft, wie sie schilderten, haben die Tierärzte am Ende des Wettkampfes eine bisher noch nie da gewesene und alarmierende Feststellung bezüglich des Wohlergehens der Pferde gemacht. Hier sind einige Auszüge aus dem offenen Brief der Pferde-Fachleute und Tiergesundheitsspezialisten, Dr. med. vet. Christophe Pelissier, Pierre Romantzoff, Antoine Seguin, Jean-Louis Leclerc und Agnès Benamou-Smith:

Als offizielle Funktionäre im Veterinärsdienst, müssen wir unsere Emotionen über diese Ereignisse hier darlegen, wenn wir der Endurance-Disziplin des 21. Jahrhunderts weiterhin gewissenhaft teilhaben wollen.

Die Tierärzte weiter: << So haben wir eine Welle von Pferden in voller Geschwindigkeit über die schwierigen und hügeligen, jedoch in beiden CEI gängigen Strecken brechen sehen. Die verspätete Einschreibung von zahlreichen Wettbewerbern führten zu einer Unterbesetzung von Richtern, Tierärzten und vor allem zu angespannten Funtktionären, sei es in Form von Grooming oder entlang des ganzen Parcours.

Die Teams von Richtern und Tierärzten waren ständig bemüht, unter diesem massiven Zustrom faire Urteile zu treffen. Sie wurden jedoch ständig unter Druck von bestimmten Konkurrenten bearbeitet, bei welchen Betrug und Bestreitung von Urteilen zum Funktionsmodus gehörte. Zudem musste das medizinische Team eine zu hohe Anzahl von Pferden behandeln, welche aus metabolischen Gründen mit zu hoher Herzfrequenz und erstaunlich massivem Dehydratationszustand in Anbetracht der milden Wetterbedingungen des Weekends eliminiert werden.

<< Der grösste Teil der Pferde, welcher medizinisch versorgt werden musste, hat sich dank aufmerksamer Pflege ihrer Reiter und Assistenz-crew rasch erholt. Einige, ohne Zweifel zu weit forcierte Pferde, mussten längeren und intensiveren Behandlungen unterzogen werden. Unter ihnen eine Stute, welche mit den klinischen Anzeichen eines neurologischen Syndroms am Vetgate vorgestellt wurde und trotz intensiver medizinischer Nothilfemassnahmen nicht mehr gerettet werden konnte.

Trotz der Trauer und der Anspannung, welche im Zusammenhang mit dem Tod eines Pferdes an einem Wettkampf einhergehen, ist es nicht aufgrund dieses tragischen Ereignisses, dass wir heute die Stimme erheben. Unsere Liebe und unser Respekt gegenüber dem Pferd, unser Sportsgeist der und unsere tiefste Überzeugung, wichtige Garanten des Wohlbefindens der Pferde zu sein, treiben uns dazu, unsere Besorgnisse gegenüber bestimmten Exzessen in der Endurance-Disziplin zu äussern.

Die Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlergehen der Pferde liegt nicht nicht nur beim Tierarzt und dem Richter, sondern beim Reiter selbst. So ist es für uns unmöglich zu wissen, ob das Pferd adäquat seiner Leistung gefüttert und trainiert wurde oder ob es während des Rennens genügend oft getränkt wurde. Dies liegt allein in der Verantwortung des Reiters und seines Teams, sein Pferd entsprechend seines Traininszustandes nicht zu überfordern und daraus Konsequenzen zu ziehen.

Moderne Dopingmethoden erschweren zudem die metabolische und Lokomotorische Evaluation des Pferdes im Rennen. So ist es auch für den erfahrendsten Tierarzt unmöglich, am Vetgate anhand kurzer Zeit und weniger klinischer Kriterien verschleierte Anzeichen von Erschöpfung zu erkennen.

Unsere Analyse der Ursachen ergibt Folgendes: Das in einigen Ländern der Gruppe 7 praktizierte Distanzreiten hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Leitgedanken des Sports zu tun. Es ist nicht mehr ein „Pferderennen“ unter Aufmerksamkeit der maximalen Belastungsfähigkeit seines Pferdes, sondern vielmehr eine Endurance „bis aufs Äusserste“, bei welcher an diesem Tag nur die Besten diesen gewaltigen Fortschritt unterstützen.

Die tierärztlichen Kontrollen, wie sie ursprünglich konzipiert waren, gingen von einer Kooperation zwischen einem Reiter, welcher sein Pferd perfekt kennt und einem Tierarzt, welcher ein wissenschaftliches Auge auf den Erschöpfungszustand des Pferdes wirft, aus. Nun haben wir es aber mit bestimmten Reitern zu tun, welche ihre Grenzen nicht kennen, diese oft nicht respektieren und bei welchen Betrug, Verschleierung und Täuschung zum Betriebsmodus gehören. Unter diesen Bedingungen gewährleistet die Disziplin des „modernen“ Distanzreitens nicht mehr die Sicherheit der Pferde. Wir Platz-Tierärzte beklagen die Unfähigkeit oder den Mangel an echtem Engagement der FEI, diese Probleme zu lösen.

Der FEI code of conduct (Download) als Leitfaden für Reiter und Funktionäre hält klar fest, dass das Wohlbefinden des Pferdes stets im Vordergrund stehen.